Verena Hajek berichtet von ihrem Marathonlauf in Rom:
RUN ROM THE MARATHON am 16.3.2025 – ein Lauf mit Licht und Schatten
Seit 1995 findet in Rom an einem Sonntag im März der Marathon statt. Mit mehr als 12.000 Finishern gilt er inzwischen als einer der 10 größten Marathonläufe in Europa sowie als teilnehmerstärkster Lauf in Italien.
Schon im April 2024 hatte ich mich zum niedrigsten Staffelpreis von 89,94 € (einschließlich Ausländergebühr) angemeldet und auch zeitnah Flug und Unterkunft gebucht. Es war ein Jubiläumslauf (der 30.) und sollte entsprechend zelebriert werden. Leider wurde ich vom Veranstalter ENDU immer wieder auf eine so genannte RUNCARD hingewiesen, ohne die ein Start nicht möglich wäre. Meine zahlreichen auf Englisch gehaltenen Mails mit RUNCARD, auf denen ich belegte, dass ich die geforderten 15,00 € überwiesen hatte, wurden stets mit dem gleichen italienischen Textbaustein beantwortet, der nichts mit dem Inhalt meiner Mails zu tun hatte. Das Problem konnte erst 2 Tage vor dem Start vor Ort auf der Messe gelöst werden.
Eine weitere Hürde war das geforderte ausführliche ärztliche Gesundheitszeugnis einschließlich Ruhe- und Belastungs-EKG, das spätestens 10 Tage vor dem Start hochgeladen werden musste. Bei meinen bisherigen Marathonläufen genügte stets die persönliche Versicherung, gesund und ausreichend trainiert zu sein.
Die erwähnte Marathonmesse fand am 14. und 15.3.2025 im Palazzo dei Congressi im Stadtviertel E.U.R., das zur Weltausstellung 1942 konzipiert wurde, statt. Die Ausgabe der Startunterlagen war erst nach endlos langem Anstehen draußen und weiterem langen Defilieren durch viele Gänge und Treppen (!) im Kongresszentrum an den zahlreichen Sponsoren- und Info-Ständen vorbei erreicht. Endlich hielt ich den Umschlag mit der Startnummer in der Hand, musste dann wieder über Gänge und Treppen nach draußen, wo ich einen hochwertigen und geräumigen Rucksack als Startbeutel erhielt. Einige Stände weiter gab es dann das im Preis inbegriffene T-Shirt – beides in leuchtendem Orange, auf dem das Logo das Marathons unscheinbar neben den zahlreichen Sponsorenaufdrucken verschwindet.
Am Wettkampftag hieß es, um 5:10 Uhr aufzustehen. Obwohl mein Start in der letzten von 4 Wellen für 8:40 Uhr vorgesehen war, mussten alle bis spätestens 7:00 Uhr am Kolosseum eine elektronische Kontrolle der Startnummer durchlaufen. Es war 5° kalt am frühen Morgen beim 40minütigem Fußmarsch zu den Caracalla-Termen, vor denen die Kleiderbeutelabgabe stattfand, aber die aufgehende Sonne schuf Postkartenbilder der Ruinen und Kirchen. (FOTOS)
Dazu wurde von einer Sängerin die italienische Nationalhymne regelrecht geschmettert. Leider mussten wir uns bald draußen der warmen Pullover entledigen, da der Kleiderbeutel bis spätestens 7:30 Uhr an einem der LKWs abgegeben werden sollte. Ein Garderobenzelt fand ich nicht. So wartete ich lange in der nach und nach etwas wärmenden Sonne, bis wir endlich auf einem langen Weg zum Startbogen geführt wurden. Beim Konstantinbogen gleich neben dem Kolosseum befanden sich die streng kontrollierten Zugänge zu den Startblocks. Kein Startschuss war zu hören gewesen, kein Sprecher heizte die Stimmung an, keiner klatschte für die jeweils startende Läuferwelle, irgendwann liefen alle los – über 3 Minuten zu früh, da der Startbogen hinter dem Kolosseum unsichtbar um die Ecke lag. Um kurz nach 9:00 Uhr statt wie vorgesehen um 8:40 Uhr überquerte ich schließlich die Startlinie und lief nördlich des Palatins vorbei am Forum Romanum.
Rund 30.000 Teilnehmer aus 127 Ländern waren einschließlich der Staffeln gemeldet, dazu Tausende, die an der Wohltätigkeitsstaffel Run4Rome teilnahmen. Auf dem ersten Teil der Strecke standen noch Zuschauer anfeuernd am Rand, aber unser Blick war meist auf den Boden gerichtet. Die gepflasterte Straße war uneben und das große Feld dicht beieinander. So konnte man kaum die Sehenswürdigkeiten rechts und links bewundern, die gerade auf diesem Streckenabschnitt besonders zahlreich waren. Die Strecke wird übrigens jedes Jahr geändert. Alle Verkehrsstraßen waren entweder ganz oder in eine Fahrtrichtung für den Verkehr gesperrt. Im letzteren Fall konnte man tief die Abgase der Autos einatmen, die im Stau standen.
Etwa alle 5 Kilometer gab es eine Verpflegungsstelle mit Wasser in offenen Bechern oder in einer verschlossenen Flasche, einem Salzgetränk, ab km 15,5 auch süße und salzige Kekse sowie Orangenschnitze und Apfelstückchen. Bananenstücke wurden mir erst ab km 38,6 angeboten, da verzichtete ich lieber. Äußerst reichhaltig war hingegen das Angebot an Wannen zum Eintauchen der Schwämme, das allerdings angesichts der kühlen Temperaturen nicht angenommen wurde.
Nach der Piazza Venezia liefen wir Richtung Tiber, dessen Verlauf wir auf der Flussuferstraße bis zur Brücke Ponte Principe Amedeo folgten, leider meist ohne Ausblick auf den Fluss. In kurzen Abständen wurde uns von Militärkapellen ‘der Marsch geblasen‘. Inzwischen war die Sonne hinter Wolken verschwunden, heftiger Wind kam auf, und es fing ab ca. km 14 immer stärker an zu regnen. Gab es bis hier schon kaum Zuschauer, waren wir jetzt ganz allein und auch ohne musikalische Unterstützung unterwegs. Immer wieder fielen mit Flatterbändern verbundene Absperrgitter bei den zahlreichen Windböen um, was für gefährliche Momente sorgte.
Bei km 16 ging es auf dem extrem schwer zu laufenden, weil nassen und glitschigen Kopfsteinpflaster durch die Via della Conciliazione, den Piazza Papa Pio XII und Largo del Colonnato – mit direktem Blick auf den Petersdom. Da der Papst 2025 das ‘heilige römische Jahr‘ ausgerufen hatte, wurde dem diesjährigen Marathon das offizielle Patronat des Dikasteriums für die Evangelisierung verliehen, womit sie Teil der offiziellen Jubiläumsveranstaltungen 2025 ist. Es war eine beeindruckende Kulisse, auch wenn man sie wegen der vielen Touristen, die die Laufwege in Gruppen kreuzten, kaum genießen konnte. Die wenigen Ordner waren total überfordert.
Zum Glück hatte der Regen aufgehört, und die Sonne kam durch. Vorbei am Castel Sant’Angelo ging es bald darauf über die Ponte Cavour mit starkem Gegenwind auf die andere Seite des Tiber und gleich auf der nächsten Brücke Ponte Margherita wieder zurück bis zur Grenze des Vatikanstaats. Hier war die Halbmarathonmarke erreicht. Jetzt ging es mäandernd mit vielen Kurven linksseits des Tibers bis zu den beeindruckenden Olympischen Sportstätten beim Foro Italico. Wir durften hindurch und fast komplett das Stadio dei Marmi mit den von Statuen gesäumten Wettkampfstätten umrunden. Vorbei am Mussolini-Obelisken liefen wir über die Ponte Duca de Aosta auf die rechte Tiberseite nach Norden und nach km 30 in einem Bogen zurück immer wieder Haken schlagend nach Süden, während der Himmel sich wieder zuzog und der Wind immer stärker auffrischte.
Wir näherten uns der Altstadt mit ihren beeindruckenden Plätzen: Es ging rund um die Piazza del Popolo, mit Brunnen, Obelisk und Kirche ein beliebter Treffpunkt, die Piazza di Spagna mit der berühmten ‘Spanischen Treppe‘ mit ihren 135 Stufen, auf der heute allerdings wegen der Kälte nur wenig Menschen saßen, um die Piazza Navona mit dem Obelisken, den Kaiser Augustus aus Ägypten nach Rom schaffen ließ, dem Hauptbrunnen und den zwei im jeweiligen Brennpunkt der Ellipse angelegten Brunnen, die Plazza Venezia, die Treppen der Basilika von Santa Maria in Aracoeli, die Piazza del Campidoglio, das Theater des Marcellus – alles jeweils über Kopfsteinpflaster wie so oft. Zusätzlich machten uns die Touristenmassen das Leben schwer. Laut rufend musste ich mir den Weg bahnen.
Ungefähr bei km 40 begann dann die letzte Schikane in Form einer längeren Steigung, die in meinem Umfeld alle walkend bezwangen. Endlich ging es abwärts in die Via die Fori Imperiali. Ein letzter Endspurt um das Kolosseum herum, dann war der Circus Maximus mit dem Konstantinbogen erreicht. Es gab sogar erstmals Anfeuerungen durch Zuschauer, und ich war nach 5:51:13 h im Ziel (Sollzeit 6:30 h). Nach ca. 150 m bekam ich die Medaille umgehängt – allerdings ohne den sonst üblichen Glückwunsch. ‘Run like a Gladiator‘ war das Motto des Rom Marathons, und so war auch die riesige und schwere Messing-Medaille in Form eines gewölbten Schildes gehalten mit der passenden Aufschrift SPQR. (Foto)
Die Zielverpflegung bestand aus einem kleinen Plastikbeutelchen gefüllt mit einem Tetrapack stilles Wasser, einer kleinen Packung mit 3 süßen Keksen, einer kleinen Packung mit 3 Salzcrackern sowie einem Apfel.
Völlig verfroren hoffte ich, eine Wärmefolie zum Umhängen zu erhalten. Diese gab es allerdings nur für Läufer, die den Sanitätsdienst in Anspruch genommen hatten. Daher verzichtete ich auch darauf, mich an der Schlange zur Massage anzustellen, sondern trat den Marsch zu den LKWs mit den Kleiderbeuteln an, wo ich mir zumindest wärmende Pullover und eine Hose überziehen konnte.
Fazit:
Die Strecke bietet viel historisch Sehenswertes auf den ersten fünf und den letzten 6 Kilometern sowie in der Mitte neuzeitlich Beachtliches in Form der olympischen Sportstätten. Das Wetter lässt sich nicht beeinflussen, aber etwas mehr Stimmung, Anfeuerungen durch Zuschauer, Musik sowie Moderation wären hilfreich gewesen. Organisatorisch ist noch Luft nach oben.