Hannover Marathon am 3. April 2022: Licht und Schatten

Verena lässt uns intensiv an ihren Eindrücken teilhaben:

“2019 meldete ich mich zum 30. Hannover Marathon im Frühjahr 2020 an. ‘Dank‘ Corona wurde mein Start verschoben, abgesagt, verschoben usw., bis es schließlich am 3.4.2022 soweit war. Als Vorbereitungswettkämpfe absolvierte ich den 10km-Lauf ‘rund ums Bayerkreuz‘ und 2 Wochen später den Königsforst-Halbmarathon.

Mit gemischten Gefühlen – auch wegen der immer noch Corona-bedingten Einschränkungen – fuhr ich am 2.4.2022 mit der Bahn nach Bielefeld, wo ich von Heike und ihrer Freundin Elke erwartet wurde. Diese fuhr uns im Auto nach Hannover, wo wir die Startunterlagen abholen wollten. In eisiger Kälte mussten wir draußen mit Maske in einer langen Schlange rings um den Tramplatz vor dem ‘Neuen Rathaus‘ ausharren, bis der Impfstatus geprüft worden war. Bei 18.400 Teilnehmern hätte man mehr und gezielter Ordner einsetzen können.
Nach der Prüfung des Impfnachweises erhielten wir endlich das begehrte grüne Armband, das uns erlaubte, wiederum in einer längeren Schlange, die Startunterlagen abzuholen. In den Plastik-Startbeutel wurden neben der Startnummer Sicherheitsnadeln und 2 Gels gepackt – keine Informationsbroschüre mit detailliertem Streckenverlauf und Angabe der Verpflegungsstellen oder gar Beigaben der Sponsoren. Zum Glück hatte ich zuvor schon das Meiste im Internet recherchiert. Noch schnell ein Foto vor der Wand mit allen Teilnehmernamen, dann hatten wir kein Interesse mehr an den wenigen Ausstellern auf dem ungemütlichen Rathausvorplatz, bei dem noch nicht einmal etwas Musik für Stimmung sorgte.

Im Auto ging es nach Detmold, wo wir bei Kaffee und Tee wieder auftauten. Abends verwöhnte Elke uns dann noch mit einer äußerst reichhaltigen Pasta. Die Nacht war um 5:00 Uhr zu Ende. Nach einem kleinen Frühstück fuhren wir wieder nach Hannover und fanden diesmal sogar einen kostenlosen freien Parkplatz. Auf dem 2 km Fußmarsch bei Sonnenschein und -2° – durch den kalten Wind gefühlt -7° – trafen wir nur wenige Läufer. So lange wie möglich behielt ich meine Daunenjacke an, bis ich sie schließlich im Kleiderbeutel versenkte und diesen am vorgesehenen Bus abgab.
Ein kurzer Blick auf die Eliteläufer – schließlich wurden gleichzeitig die Deutschen Meisterschaften im Marathon ausgetragen – dann kletterte ich über ein Absperrgitter, um in den Startblock zu gelangen, da ein regulärer Zugang nicht ausgeschildert oder erkennbar war. Wie gewünscht, trug ich die Maske und führte sie während des gesamten Laufs mit mir.
Nach den Handbikern wurden die Eliteläufer pünktlich um 9:00 Uhr auf die Strecke geschickt. Vier Blöcke mit Marathonis und Staffelläufern wurden anschließend ohne Pause abgefertigt. Halbmarathonis, 10-km-Läufer und Walker starteten nach uns.

Brems- und Zugläufer waren gut zu erkennen, und auf dem Boden war die blaue Linie als Ideallinie aufgemalt. Es ging zunächst nach Süden am Maschsee entlang. Hier säumten noch einige Zuschauer den Weg. Nach 4 km kam schon die 1. Verpflegungsstelle mit Wasser, Iso und Bananenstücken. Insgesamt gab es 15 Verpflegungspunkte mit diesem unveränderten Angebot und dazwischen Erfrischungspunkte mit Wasser. Die Anzahl der Versorgungspunkte war mehr als ausreichend; in der 2. Hälfte des Marathons hätte ich mir allerdings schon Cola und etwas Salzgebäck gewünscht.
Die Strecke war engmaschig deutlich gekennzeichnet mit roten Schildern; die jeweiligen Kilometerschilder waren für die Marathonstrecke in einem sehr blassen Hellgrün gehalten, dass in der Sonne kaum zu erkennen war. Die Halbmarathonstrecke, die teilweise mit unserer Strecke gemeinsam verlief, war dagegen mit leuchtenden orange-farbigen Kilometerschildern gekennzeichnet.
Nach 8 Kilometern liefen wir auf einer langen geraden Strecke mehr als 6 km bei heftigem Gegenwind zurück. Das kostete viel Kraft. Bei km 14 warteten meine Fans Elke und Heike – letztere konnte leider verletzungsbedingt nicht mitlaufen. An der Kröpcke-Uhr vorbei und durch den Tunnel am Hauptbahnhof ging es ab Kilometer 16 wieder auf eine lange gerade Strecke – diesmal durchs Grüne, die Eilenriede, ein großer Stadtwald mit dem zoologischen Garten. Zuschauer gab es hier noch weniger als vorher, vielen war es wohl einfach zu kalt. Auch die Sonne hatte sich verabschiedet. Abwechslung boten da nur die Eliteläufer, die uns auf der gegenüberliegenden Absperrung entgegen kamen. Bei Kilometer 21 überquerten wir unter Böen den Mittellandkanal, dann ging es wieder durchs Grüne auf langen graden Strecken zurück – ohne Anfeuerung oder Musik. Ab ca. Kilometer 27 war die Strecke für mehr als 5 km meist identisch mit der Halbmarathonstrecke, und der Weg war oft verwirrend, so dass ich mich einige Male vergewissern musste, ob ich mich nicht verlaufen hatte. So war ich froh, als die nächsten 5 km im Stadtteil Vahrenwald-List den Marathonis vorbehalten waren. Mehrfach regnete es kurz – wie vorhergesagt. Es war und blieb extrem ruhig – sehr ungewöhnlich für einen Stadtmarathon. Auf der ganzen Strecke gab es vielleicht 2 – 3 Sambagruppen, einige Ghettoblaster oder andere Lautsprechermusik und ganz vereinzelt private Solokonzerte. Von Stimmung konnte nur an wenigen Hotspots die Rede sein. Auf dem Weg zurück zum ‘Alten Rathaus‘ wurde ich allerdings lautstark mit ‘Kölle, Kölle‘ begrüßt, als einige Zuschauer mein Köln Marathon Botschafter-T-Shirt entzifferten.
Am vorletzten Verpflegungspunkt kam es dann zu einem sehr unangenehmen Erlebnis: Eine Kehrmaschine der AHA säuberte dort gründlich und in Schlangenlinien, ohne mich heran nahende Läuferin zur Kenntnis zu nehmen. Ich versuchte mehrfach zu überholen, rettete mich schließlich auf den Bürgersteig, tief die Abgase inhalierend.
Mit entsprechend viel Adrenalin absolvierte ich schließlich die letzten Kilometer, registrierte noch die Frauenfiguren von Nikki de Saint Phalle – die drei „Nanas“ und das Leineschloss mit dem Landtag, bis nach einer letzten Kurve der Zielbogen in Sicht kam. Es gab zwar keinen roten Teppich, aber mich überkam dennoch das ‘Runner’s High‘, als ich nach 5:38:00 im Ziel war. Es folgte eine längere Auslaufzone, bis wir die Holzmedaille in Empfang nehmen konnten. Nach einem weiteren Fußmarsch gab es endlich die ersehnten Getränke (Wasser, Multivitaminsaft, Erdinger alkoholfrei), Salzkräcker und grasgrüne Bananen. Der versprochene Finisher-Bag mit Müsliriegel, Salzgebäck, Lakritz, Kekse, Mini-Salami und Kuchensnack war offenbar schon vergriffen.
Duschen und Massagen waren nicht vorgesehen, so dass ich nur meinen Kleiderbeutel abholen konnte und gemeinsam mit Elke und Heike zum Auto spazierte, wo ich mich umziehen konnte.

Es gewannen Domenika Mayer in 2:26:50 sowie Hendrik Pfeiffer in 2:10:59 .